Im Zwischenland
Peter Lang, Regensburger Herausgeber des Kulturjournals, kommentiert die neue Uraufführung von Alexandra Karabelas „Zoes Bios Box 2. Episodes About Who We Are“
Das Tanzperformanceprojekt „Zoes Bios Box 2. Episodes About Who We Are“ legt den Fokus zwar auf die Annäherung und die Beziehungen der Länder Tschechien und Deutschland; das, was dort verhandelt wird, ist jedoch ohne Einschränkung auf alle anderen Länder in Europa übertragbar. Die entscheidende Frage der Tanzperformance lautet: Was erzählst du einem auf einer einsamen Insel über dein Land, wenn du dort strandest? Was macht dein Land aus? Einigartig? Und wo sind die grossen Unterschiede zu anderen Ländern? Das Stück gab einmal mehr Anlass, darüber nachzudenken. Und was kann ein Stück mehr, als Denkanstösse zu geben, wie, leben wir nicht schlicht und einfach in einer globalen Welt, in der die Staatsgrenzen und das, was einmal war – Stichwort Geschichte – keine Rolle mehr spielt? Wie steht es mit dem nationalen Bewusstsein? Eine wichtige Frage, blickt auf die jüngsten Ereignisse bezüglich der deutschen Unterstützung Griechenlands, wo auf beiden Seiten alte Ressentiments wieder aufleben. Kulturelle Unterschiede, kleinerer und größerer Natur, charakterisieren schlicht das gesellschaftliche Zusammenleben. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit treffend in einem Wortspiel des Stücks: „Wo sind wir gerade: Wir sind im Niemandsland. Wir sind im Zwischenland.
Wo liegt das Zwischenland. HIER.“ Wahrscheinlich sind wir auf dem Weg zu einem Zwischenland, auch eingedenk der vielen Immigranten in allen Ländern Europas. Sie bringen ihre Kultur und Werte mit. Und diese vermengen sich mit unseren. Ohne Zweifel. Die Zeit arbeitet an einem Zwischenland.
Die Choreografin Alexandra Karabelas mit ihrem Ensemble hat diese elementare Fragestellung mit ungewöhnlichen und unbekuemmerten Mitteln aufgegriffen. Die Enge des Aufführungsortes im Raum des Kunstverein GRAZ in Regensburg und die körperliche Nähe des Publikums zu den Tänzern (manche der Zuschauer saßen quasi auf der Bühne) erzeugten eine intensive Atmosphäre. Das war choreografisch gewollt und verfehlte nicht seine Wirkung.
Unterstützt wurde die zeitgenössische Tanzperformance durch einprägsame Wortspiele, Videos und durch ein aufregendes Musikarrangement. Selbst Bilder an der Wand stimmten auf die Thematik ein. Was will man mehr als eine Kommunikation mit den Mitteln des Tanzes, unterstützt mit einer collagenhaften Inszenierung und die Auseinandersetzung mit einem aktuellen Thema? CHAPEAU. Dem Stück ist weiter viel Erfolg zu wünschen.
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